Wir stellen vor: Hans Jörg Höhener
Lieblingsfach in der Schule
Das war die deutsche Sprache, also vor allem die Literatur. Mit der Grammatik kämpfte ich wie viele andere auch. Zudem hat es mir insbesondere der Bereich Musik angetan, obwohl ich ein unbegabter Klavierspieler war. Im Lehrerseminar hatte das Fach Gesang einen grossen Stellenwert, wobei ich vor allem das Singen im Chor sehr schätzte.
Erstes selbstverdientes Geld
Als Seminarist arbeitete ich in einer Grossmolkerei in Kreuzlingen, zusammen mit Leuten aus der psychiatrischen Klinik Bellevue. Meine Arbeit bestand darin, Kaffeerahmflaschen in einen Sterilisator abzufüllen. Das war in zweierlei Hinsicht prägend: einerseits die Erfahrung mit repetitiven Tätigkeiten in einer lauten, feuchten Umgebung und andererseits mit Menschen zusammenzuarbeiten, die mich zunächst befremdeten, zugleich aber auch inspirierten. Übrigens waren in dieser Klinik auch berühmte Patienten wie der Maler Ernst Ludwig Kirchner, der Tänzer Vaslav Nijinsky, der Dichter Simon Frank, der Schauspieler und Regisseur Gustaf Gründgens oder der Kulturanthropologe Aby Warburg.
Erlernter Beruf / weitere Ausbildungen
Der Berufsberater empfahl mir, entweder Pfarrer oder Lehrer zu werden. So wurde ich Zweiteres, weil ich mich für das Pfarramt als ungeeignet betrachtete. Nach dem Lehrerseminar stieg ich direkt in die Berufsschule ein und liess mich zum dipl. Berufsschullehrer ausbilden. Die Idee des lebenslangen Lernens war mir wichtig, weshalb ich mich für die Weiterbildung stark machte. Unter anderem war ich im Rahmen meiner beruflichen Laufbahn in der Schulleitung einer Schreinerschule, die Weiterbildungen angeboten hat. Ich war dort für die Lehrpersonen zuständig. Im Jahr 2000 wechselte ich ins Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA). Kurz darauf startete ich mit der Ausbildung in Public Management an der HSG St. Gallen. An der Uni Bern habe ich etwas später noch den Executive Master in Public Administration absolviert.
Jetzige Tätigkeit
Aktuell bin ich im MBA in drei Bereichen tätig. Als Stellvertreter des Amtschefs entlaste und unterstütze ich ihn, und das nicht nur während seinen Ferien. Meine Aufgaben umfassen vor allem Themen, die Seniorität und Verhandlungsgeschick erfordern. Darüber hinaus verfüge ich über ein grosses Netzwerk und vertrete den Kanton in eidgenössischen Gremien. Mein zweites Aufgabenfeld ist die Schulraumentwicklung und -planung. Dieses Thema betreue ich seit rund 6 Jahren. Während dieser Zeit bin ich für die Umsetzung der Schulraumstrategie verantwortlich, in welcher der Raumbedarf für Berufsfachschulen und Gymnasien für die nächsten Jahrzehnte bereitgestellt wird. In diesem Zusammenhang hatte ich die Gesamtverantwortung für die Errichtung von zwei neuen Mittelschulen. Viele Schulhäuser wurden und werden aktuell saniert, um- und ausgebaut, wie beispielsweise das Bildungszentrum Zürichsee in Horgen. Es ist eine sehr spannende aber auch eine sehr herausfordernde Arbeit. Sie beinhaltet die Zusammenarbeit mit der Baudirektion und den verschiedenen Standortgemeinden. Meine Tätigkeit liegt somit an der Schnittstelle von Verwaltung und Politik. Der dritte Aufgabenteil betrifft die Betriebliche Bildung, für die ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrung in diesem Themenfeld vor zwei Jahren aufgrund einer Vakanz eingesprungen bin. Dies ist eine riesige Aufgabe, aber auch eine dankbare.
Professionelle Betreuung bedeutet für mich
Die Bedeutung von professioneller Betreuung wurde mir das erste Mal richtig bewusst, als meine Mutter in einem Alters- und Pflegeheim gelebt hat und ihre Demenzerkrankung zunehmend fortschritt. Ich war sehr positiv berührt aber auch erstaunt, wie vor allem junge Lernende in Attest- oder EFZ-Ausbildungen in diesem herausfordernden Umfeld arbeiteten und wie die Professionalität zu 100 Prozent gelebt wurde. Die Arbeit, bei der Empathie, Fachkompetenz sowie professionelle Distanz wichtig sind, verdient grossen Respekt. Ich war erleichtert, meine Mutter in einem guten und professionellen Umfeld zu wissen.
Haben die sozialen Berufe die Anerkennung, die sie verdienen
Die Anerkennung, die man verdient, muss man sich erst erschaffen. Ein erster wichtiger Anerkennungsschritt war, als die Sozial- und Gesundheitsberufe ins Berufsbildungssystem integriert wurden. Damals konnten die vorwiegend gewerblichen und industriellen Berufe von deren Arbeitskultur und der damit verbundenen kompetenzorientierten Ausbildung lernen. Neues sorgt auch immer für Unruhe und Unbehagen. Schliesslich entstand aber eine neue Bildungskultur, von der alle profitieren konnten. Die sozialen Berufe im Bereich Fachmann/-frau Betreuung EFZ stehen im Schatten der unzähligen Praktika-Angebote in diesem Berufsfeld. Dieses Negativimage wegzubringen liegt in der Verantwortung der Betriebe. Die Notwendigkeit von Praktika ist unbestritten, aber die Verhältnismässigkeit muss stimmen. Ich erinnere mich an eine Lernende im Beruf Fachfrau Betreuung, Fachrichtung Kinder, mit der ich bei einem Besuch mit der damaligen Regierungsrätin an der BFS ein Gespräch führen konnte. Diese Lernende konnte nachweislich belegen, dass sie 2,5 Jahre lang ein Praktikum absolviert hat. Eine solche Tatsache beeinträchtigt das Ansehen einer Branche. Grundsätzlich finde ich aber, nicht zuletzt wegen der Weiterbildungsangebote der Höheren Fachschulen, dass die Laufbahn- und Karrierechancen in diesem Berufsfeld zugenommen haben. Auch für Quereinsteigende ist das Arbeitsgebiet attraktiv.
Das wünsche ich mir für die Sozialen Berufe
Ich wünsche mir sehr, dass die Berufsbildung auch für Leistungsstarke attraktiv ist. Zudem hoffe ich, dass die BM-Quote im Sozialbereich ansteigt. So kann Nachwuchs für Kaderstellen gewonnen werden, womit die Ausgebildeten länger in der Branche verbleiben.
Was darf in meinem Ferienkoffer nicht fehlen
In Hinblick auf meine bevorstehende Pensionierung glaube ich, dass es wichtig ist, mir Zeit zu lassen, um Dinge zu realisieren, die bis anhin warten mussten. Wenn das Reisen wieder möglich ist, gehören in meinen Koffer sicherlich der Aquarellmalkasten und ein Notizblock, damit ich gesammelte Eindrücke verdauen und reflektieren kann. Zudem wäre auch eine leere Schachtel im Koffer, aus der nach und nach Aktivitäten hervorkommen, bei denen ich mich ehrenamtlich engagieren würde. So könnte ich etwas von dem zurückgeben, was ich in all den Jahren bekommen habe.
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